Ein Baum mit tiefen Wurzeln

Goldene Hochzeit gefeiert

von Otmar Selder

 Friedberg/Steiermark. Dass die Steirer feiern können ist kein Geheimnis. Bei der „goldenen Hochzeit“ in  ihrer Beziehung mit unserem Friedberg in Bayern zauberten sie jetzt vier Tage lang wieder jenen überspringenden Schwung und herzlichen Geist hervor, der vor 50 Jahren nach einem Fußballturnier lawinenartig in eine breite Städtepartnerschaft mündete. Höhepunkt der Jubiläumsfeierlichkeiten war die Aufstellung und Weihe des zwei Meter großen imposanten Marterls mit dem Ruherrle, das Bürgermeister Roland Eichmann und Partnerschaftspräsident Felix Reithemann in einem emotionalen Festakt übergaben.

Mit zwei Bussen und einer 150-köpfigen Delegation war man angereist und schnell in das dreitägige Stadtfest integriert, das bei herrlichem Wetter  als „Open Air“ auf dem Hauptplatz abgebrannt wurde. Vertreter des Stadtrates, Landratsstellvertreter Manfred Losinger, Mitglieder des Partnerschaftskomitees, der Veteranen, der Stadt- und Jugendkapelle sowie langjährige Freunde und auch eine Radlergruppe aus der Lechrainstadt waren dem Aufruf des neuen  Bürgermeister Wolfgang Zingl und seines rührigen und quirligen „Außenministers“ Roland Gressenbauer gefolgt. 

Stadt und Partnerschaftskomitee hatten sich mit der Fertigung und Übergabe eines Marterls ein besonderes Geschenke ausgedacht und die Weihe auf einem Hügel an der Nordeinfahrt der Stadt hinterließ einen großen Eindruck. Der Künstler, Steinmetz und Bildhauer Franz Seidl war selbst anwesend und hatte alles vorbereitet. Begleitet von den beiden Kapellen und dem Männergesangsverein der Steirer („Donna nobis pacem“) würdigten beide Bürgermeister sowie insbesondere Felix Reithemann den Sinn des Geschenkes („Jesus hält Rast und schöpft neue Kraft“). In den Festansprachen betonten beide Bürgermeister die starke Verbindung (Zingl:“ Diese Freundschaft ist wie ein Baum mit tiefen Wurzeln“.) Es war eine Freude zuzuhören, wie sich die Blasmusiker aus der Steiermark und aus Friedberg/Bayern bei den zwei Frühschoppen-Tagen gegenseitig zur Hochform schaukelten und zuweilen auch gemeinsam einen gewaltigen Klangkörper bildeten. Andreas Thon und Oliver Limmer auf bayerischer und Bruno Piebel sowie der Tausendsassa Hannes Hofer auf Steirischer Seite hatten die Taktstöcke in der Hand oder sagten wo es musikalisch langgeht. Es gab viel Beifall von den zahlreichen Zuhörern. Weißwürste, Brezen und Weißbier präsentierten die Gäste aus Bayern und andern Tags durfte man sich über das einheimische steirische „Ka(r)lbarett amüsieren, wobei für die bayerischen Besucher doch manche schöne Pointe im  steirischen Dialekt versandete. Das dürfte den Steirern beim Auftritt von Reinhard Pachner als „Alois Hingerl“ (ein Münchner im Himmel) allerdings ähnlich ergangen sein.

Ein besonderes Erlebnis war auch der Auftritt der Kultband „Die Edlseer“, die das Jubiläum begleiteten. Einen Abend nutzten die bayerischen Friedberger zu einer Fahrt nach Mörbisch um auf der Seebühne „Viktoria und ihr Husar“ zu genießen.

Ehrungen

Anlässlich der 50 Jahr Feier wurden folgende verdiente Persönlichkeiten von der Stadt Friedberg/Steiermark mit Urkunden ausgezeichnet:

Dank und Anerkennung: Roland Eichmann, Franz Seidl, Uschi Jonetzko, Gellner Gotthard und Christa, Michael Winkler, Oliver Limmer, Anton Metzger, Franz Sonnberger, Jakob Eichele.

Ehrennadel in Silber:  Felix Reithemann, Wolfgang Braun, Richard Scharold, Dr. Theo Körner, Roland Gressenbauer, Lotte Raza.

Ehrenzeichen in Gold. Gusti Lebenbauer (Steiermark) und Otmar Selder (Bayern).

Michael Winkler vom hiesigen Veteranenverein nutzte die Gelegenheit, um einigen Steirer Freunden ebenfalls Ehrungen zukommen zu lassen.


DIE SCHWESTERSTADT IM GRÜNEN HERZEN ÖSTERREICHS

Friedberg in der Steiermark - Partnerschaft seit fast 50 Jahren

Man sagt, dass die Gründungsväter von Städtepartnerschaften sich bei der Auswahl der Orte davon leiten lassen, ob es sich um eine landschaftlich schöne Gegend handelt und/oder ob man aufgrund vorhandener spezifischer Vorkommen gut feiern, essen und trinken kann. All dies trifft (auch) auf die Schwesterstadt Friedberg in der Steiermark zu. Und dennoch ist es verbürgt, dass nicht Politiker, Verwaltungsleute oder sonstige „Professionelle“ den Grundstein für die Partnerschaft gelegt haben sondern die Fußballer aus beiden Städten nach einem Turnier im Jahre 1966 mit dem Logo „Viermal Friedberg“.

Es hat aber nicht lange gedauert, da haben sich die Offiziellen des Themas bemächtigt und einen reger intensiver Austausch auf fast allen gesellschaftlichen und kulturellen Ebenen war die Folge. Was nicht nur, aber besonders am damaligen Bürgermeister Max Kreitmayr lag, der als vormaliger Vorstand der Sportfreunde Friedberg mit den Steirer Sportlern besonders verbunden war. Und wer würde je die Szene vergessen, die sich anno 1974 zugetragen hatte, als sich die heillos zerstrittenen Bürgermeister Kreitmayr und Landrat Josef Bestler unter der geschickten Regie der Steirer Freunde auf den rustikalen Tischen der provisorischen Festhalle bei einem fröhlichen Zechen versöhnten und die bereits anberaumten Gerichtstermine pulverisiert wurden.

Das Ereignis hatte Symbolcharakter: Gastfreundschaft, Herzlichkeit, Sangesfreude und Großzügigkeit kennzeichneten die Beziehungen innerhalb der Sportler, Politiker, Sänger, Feuerwehrmänner, Musikanten, Schützen, Theaterleute, Veteranen und und und… Über eine Generation hinweg hielt diese Freundschaft bis heute. Und sie ist auch nach fast 50 Jahren frisch wie ehedem. Auch Familien pflegen trotz der 600 Kilometer Entfernung einen häufigen Austausch und selbst Familiengründungen brachte die Städtepartnerschaft zustande. Und dass sich zwischen dem von 1978 bis 2002 amtierenden Bürgermeister Albert Kling (CSU) und seinem politischen SPD-Gegner Max Kreitmayr (verstorben im Jahre 2000) eine herzliche persönliche Freundschaft entwickelte, ist ebenfalls dieser Städtepartnerschaft zu verdanken.

In fünf bis sechs Stunden ist man auf der Autobahn Richtung Salzburg-Wien-Graz im anderen Friedberg. Und wie im bayerischen Friedberg ist die majestätisch wirkende Hochlage augenfällig. Man muss wie hier in Bayern erst den „Friedberger Berg“

überwinden, um die heimelige Atmosphäre des freilich wesentlich kleineren Stadtzentrums genießen zu können.

Wenn es alle drei Jahre im Juli heißt: „Hurra, die Steirer kommen…“, dann ist der Schlosshof oder wie zuletzt die Stadthalle jeweils bis auf den letzten Platz gefüllt. Es wird zu einem Treffpunkt mit Freunden, man genießt Brauchtum und Kultur aus beiden Städten und wenn es dann die bekannten und beliebten Spezialitäten wie das Steirer Kernöl, das G’sölchte oder das deftige „Verhackerte“ gibt und der rosa „Schilcher-Wein“ Zungen und Herzen löst, dann wird die Freundschaft jeweils intensiv neu belebt.


Der Beginn der Freundschaft

Das “Urbild” aus dem Jahre 1967. v.l. Hans Häusler (VfB Friedberg/Hessen), Fritz Aigner (SC Pinggau-Friedberg, Max Kreitmayr ( SF Friedberg) und Otmar Selder (TSV Friedberg)
Das “Urbild” aus dem Jahre 1967. v.l. Hans Häusler (VfB Friedberg/Hessen), Fritz Aigner (SC Pinggau-Friedberg, Max Kreitmayr ( SF Friedberg) und Otmar Selder (TSV Friedberg)

Am Anfang stand ein Fußballturnier. „Viermal Friedberg“ nannte sich das Treffen, das im Jahre 1966 erstmals über die Bühne ging. SC Pinggau-Friedberg/Steiermark, die Sportfreunde Friedberg/Bayern, der TSV Friedberg/Bayern und der VfL Friedberg in Hessen trafen sich dann immer öfter. Während die Beziehung zu den Hessen sich aber allmählich verlor, vertieften sich die Kontakte mit den Steirern immer mehr. Die Musik war von Anfang an dabei. Stadtkapelle und Jugendkapelle tauschten sich mit den steirischen Musikern aus und es folgten neben den Offiziellen dann fast sämtliche Bevölkerungsgruppen. Sänger, Veteranen, Schützen, Feuerwehrleute und Kulturschaffende pflegten einen besonders intensiven Kontakt. Unzählige Freundschaften wurden geschlossen. Und zum 42-jährigen Bestehen der Partnerschaft im Jahr 2008 sind die Beziehungen frischer denn je.